Wetterbericht für gestern

Wer es bis hierher geschafft hat, wer also in diesem beschaulichen Winkel der größten aller Welten, dem Internet, gelandet ist – der hat mit höchster Wahrscheinlichkeit auch von dem Sturm Notiz genommen, der diese Welt gestern erobert hat. Oder verständlicher ausgedrückt: Über 27 Millionen Klicks auf Youtube in weniger als 36 Stunden.

Da aber aus den Reihen meiner Leserschaft Klagen darüber kamen, dass ich keine Sturmmeldung raushaute, gebe auch ich schuldbewusst bekannt: Der neue, erste und letzte richtige Trailer für Star Wars – The Force Awakens wurde online gestellt. (Die Veröffentlichungen davor waren kürzere Teaser, die im Marketing eine andere Werbeform darstellen.)

Und was bietet er uns? Die Helden, die Schurken, Mystik und Action. Das, was Star Wars in erster Linie ausmacht. Vernachlässigt wird der Humor und die fröhliche Abenteuerlust; sie haben keinen Platz in einer eher düster-nachdenklichen Atmosphäre. Der Film selbst wird aber auch ihnen Raum geben, so viel wage ich zu prognostizieren. Apropos: Den leidenschaftlichen Fan, der täglich auf Star Wars-Fanseiten unterwegs ist und offizielle Infos, Spoiler, Gerüchte und co. aufsaugt – also ich, ja! – kann es überraschen, wie wenig die breite Öffentlichkeit über den Inhalt weiß. In Youtube-Kommentaren wird etwa gerätselt, ob die weibliche Off-Stimme Prinzessin Leia gehört (tut sie nicht), oder ob Luke Skywalker hinter der dunklen Maske steckt (tut er … ach nein, ich verrate einfach nichts weiter). Eigentlich eine schöne Sache, dass so viele Überraschungen auf den Großteil des Publikums warten.

Der Trailer enthüllt also kaum etwas über die Geschichte, was man als Stärke oder Schwäche bewerten kann, aber er sieht gut aus, er klingt gut und er entfacht den Wunsch, Marty McFly, der heute aus dem Jahr 1985 angereist kommt, den DeLorean zu klauen und die Zeitmaschine auf den 17.12.2015 einzustellen. Yub yub!

Übrigens: Auch der Ticketvorverkauf hat großflächig begonnen, am Montag bereits. Der Film hat dabei schon die ersten Rekorde geknackt. Wer in eine der Premierenvorstellungen will – sie ist wahrscheinlich ausverkauft.


Bildmusik

Die Kombination aus Schauspiel und Musik hat viele magische Momente im Kino und Fernsehen erschaffen. TV-Serien sind oft für ihre Titelmusik bekannt: von Oldies wie Star Trek und Bonanza über 80er- und 90er-Hits wie NAM – Dienst in Vietnam, 21 Jump Street und Twin Peaks hin zu modernen Klassikern wie Game Of Thrones. Zu Beginn jeder Folge wird die musikalische Identität präsentiert und dadurch eine Stimmung etabliert.

Während dieses Maintheme meist extra für die Serie komponiert ist (anders z.B. das eben aufgezählte NAM, das Paint It Black von den Rolling Stones über die Kriegsbilder legt), wird vor allem in neueren Werken die Wirkung von besonderen und dabei dialogarmen Szenen gerne durch bereits existente Stücke potenziert – was natürlich oft nur im Kontext der bisherigen Handlung funktioniert. Im besten Fall profitieren beide Elemente davon und verschmelzen miteinander. Und hier wird es spannend. Eine persönliche Auswahl fünf gelungener Symbiosen aus Bildern und Musik in TV-Serien. Denn wir lieben sie alle, diese Magie:

Breaking Bad, Staffel 1, Folge 1
Szene: eine Fahrt durch die Wüste
Musik: Molotov – Apocalypshit
Auch darum toll: Furioser Einstieg in Walters neues Leben voller Chaos – Handlung und Soundtrack harmonieren perfekt.

Orange Is The New Black, Staffel 3, Folge 3
Szene: Nicky wird in den Hochsicherheitstrakt gebracht
Musik: Dum Dum Girls – Coming Down
Auch darum toll: Natasha Lyonne stellt mit minimalem Einsatz Nicky im Angesicht des Abgrunds dar, ihre vielleicht ansprechendste schauspielerische Leistung in einer Serie voll mit ansprechenden schauspielerischen Leistungen.

O.C., California, Staffel 2, Folge 24
Szene: Marissa schießt Trey nieder
Musik: Imogen Heap – Hide and Seek
Auch darum toll: Teeniedrama hin oder her – wo gab es einen perfekter getimten Musikeinsatz? Auch jenseits dieser berühmten Szene war der Score eine der Stärken der Serie.

Daredevil, Staffel 1, Folge 8
Szene: Fisks Morgenroutine
Musik: Yo-Yo Ma – Unaccompanied Cello Suite No. 1 in G Major, BWV 1007: Prélude
Auch darum toll: Die Kultiviertheit Fisks wird mit dem Ursprung seiner Monstrosität kontrastiert. Vincent D’Onofrios Interpretation des Kingpin lässt die meisten Film- und Serienschurken blass aussehen.

Twin Peaks, Staffel 2, Folge 2
Szene: Liebeslied zu dritt
Musik: Angelo Badalamenti – Just You
Auch darum toll: Wie absurd kann Kitsch performt werden? James Marshall, Sheryl Lee & Lara Flynn Boyle geben alles und beweisen: Twin Peaks sprengte manche Grenzen …

Brautalarm

Ich war letztens auf einer Hochzeit in Berlin. Im Laufe des Abends stellte sich heraus, dass die ansonsten durchaus reizende Braut nicht wusste, wer Han Solo ist. Der Krieg der Sterne fand in ihrer Welt nicht statt. Das gab mir zu denken: Informationen über Star Wars kann es nicht genug geben, daher findet auch auf dieser mikroskopisch kleinen Seite wieder ein Erwachen der Macht statt.

Die Kinopremiere von Episode VII (im Marketing nun nur noch The Force Awakens bzw. eben Das Erwachen der Macht genannt) rückt näher. In gut drei Monaten weiß die Welt, was aus Luke Skywalker, Prinzessin Leia und Han Solo geworden ist. Zudem werden wir die neuen Helden Rey (Daisy Ridley), Finn (John Boyega) und Poe Dameron (Osca Isaac) sowie deren sinistre Gegenspieler Kylo Ren (Adam Driver), General Hux (Domnhall Gleeson) und Captain Phasma (Gwendoline Christie) in Aktion erleben. Neben etwa einer Million weiteren Figuren, die die weit, weit entfernte Galaxis zu einem noch bunteren Ort machen werden.

Anfassen kann man viele von ihnen übrigens schon jetzt, als Spielzeug, das seit diesem Freitag, dem sogenannten Force Friday, in die Regale geschwemmt wird.

In den vergangenen Monaten sind aus zahllosen dunklen Quellen ebenso viele Gerüchte entsprungen, die Teile der Handlung preisgeben. Viele davon könnten sich als wahr herausstellen – und keines soll hier geschildert werden. Aber auch von offizieller Seite gibt es Informationen: Die Helden stehen auf der Seite der Resistance (oder werden sich ihr anschließen), ihre Gegner sind in der First Order, die wohl versucht, das Imperium neu aufleben zu lassen. Regisseur Abrams illustrierte dies mit einem Was-Wäre-Wenn-Vergleich mit untergetauchten Nazis, die nach dem Krieg in Argentinien eine neue Version des Dritten Reiches gründeten. Der First Order-Lichtschwertschwinger Kylo Ren ist ein Ritter der Ren, was bedeutet, dass man seinen ursprünglichen Nachnamen noch nicht kennt. Ebensowenig wie die Hintergründe dieser Ren-Ritter. Oder den Bösewicht Snoke, der scheinbar ein paar Fäden im Hintergrund zieht. Letzterer wird als CGI-Figur von Andy Serkis gespielt und ist eines der größten Geheimnisse des Films, das selbst von den Gerüchteköchen noch nicht zubereitet worden ist.

Hauptdarstellerin Daisy Ridley spielt die auch noch nachnamenlose Schrottsammlerin Rey, die auf dem Sandplaneten Jakku (nicht Tatooine, wie zu Beginnn alle dachten!) auf ihre neuen Kampfgefährten Finn (Dritter im Bund der Nachnamenverweigerer) und Poe Dameron treffen wird. Finn wendet sich von seinen Kollegen, den Sturmtruppen, ab; Poe fliegt X-Wings im Dienste der Resistance. Details zu den alten Recken, die über die Trailer-Impressionen hinausgehen, wurden nicht verraten. Ob die noch offenen Nachnamen Verwandschaftsverhältnisse zu ihnen offenbaren, ist Teil der Mysterybox von J.J. Abrams, die dieser möglichst spät öffnen möchte.

Ebenfalls heute, am Force Friday, beginnt eine Marketingkampagne namens Journey To The Force Awakens. Sie beinhaltet Bücher und Comics, deren Inhalte kurz nach Die Rückkehr der Jedi-Ritter (Episode VI) stattfinden und die kleinere Hinweise auf Episode VII bieten sollen.

Der Endspurt hat also begonnen. Ein richtiger Trailer (nach den zwei Teasern) wird für diesen Monat erwartet und je mehr wir uns dem 18. Dezember nähern, desto präsenter wird Star Wars in allen Medien sein. Dann wird selbst die Berliner Braut vom Krieg der Sterne Notiz nehmen – wenn auch nur sehr peripher.

in eigener Sache: Shop

Kleine Randnotiz: Der Shop ist umgezogen und hat sich nun direkt auf dieser Seite niedergelassen. Sicher, die Produktbilder sind in der Übersichtsseite eher im Briefmarkenformat – wer alles direkt größer sehen will, klickt auf das Shirt (Shirts & Stuff) in der Leiste rechts über dem coolen Raumschiff.

Rezension: The Slapstickers feat. The Swingcredibles – EP

Ihr zwanzigjähriges Jubiläum feierten die Slapstickers am 5. Juni 2015 im Kölner Gloria mit einem bühnenfüllenden Konzert. Selbst schon zu neunt, holten sie sich nach und nach viele Gastmusiker der vergangenen Dekaden auf die Bühne, die den breiten Sound der Ska-Band noch punktuell ergänzten. Doch dieses Mal sollte das Konzept der klanglichen Erweiterung stärker ausgereizt werden: Eine Reihe von Songs wurde mit den Swingcredibles, der Big Band der Universität zu Köln, dargeboten – dieser Herzensangelegenheit haben die Slapstickers auch eine EP gewidmet, die das Ergebnis der Kollaboration in Form von sechs neu arrangierten Bandklassikern konserviert.

Ein Hang zum Swing ließ sich in der Laufbahn der Skarocker schon erahnen, das Abenteuer Big Band ist also trotz Pionierleistung keine ganz große Überraschung. Die klangliche Identität der Slapstickers innerhalb des von ihnen großzügig vermessenen Skakosmos‘ pendelte bisher allerdings zwischen entfesselter Tanzantreiberei und musikalischem Feingeist. Auf der aktuellen EP geben sie letzterem den Vorzug. Von allen Seiten brodelt es, der Klang quillt schier über, alles ist neu und natürlich doch vertraut, da die Big Band dem bläserlastigen Slapz-Sound zwar einiges hinzufügt, ihn aber nicht völlig umkrempeln kann. Der deutlichste Effekt stellt sich folgerichtig beim letzten Song ein: Der Sänger der Swingcredibles übernimmt hier das Mikro von Christian Spiecker und trägt entscheidend dazu bei, mit Counting Memories einen sanft perlenden Schlusspunkt zu setzen.

Technisch einwandfrei und mit hörbarer Spielfreude ist die EP ein besonderes Kapitel in der Slapstickers-Historie, wenn nicht gar im Ska überhaupt. Aus dem reichhaltigen Repertoire an Songs und Instrumenten wurde ein pulsierendes Tondokument swingender Offbeatmusik ertüftelt, dem man genauer zuhören sollte, anstatt es als Sommersonnesonstwas-Hintergrundbeschallung verkommen zu lassen. Dafür ist das Ergebnis zu schade – und nicht direkt genug. Denn durch die neue Fülle und den geschmeidigen Jazz geht ein wenig der Punch verloren, den die Kölner Skatruppe so zielgenau austeilen kann und der Körper ekstatisch zucken lässt. Daher ist es insbesondere für den bewegungsfreudigen Teil der Fans wohl nicht bedauerlich, dass die Slapstickers zukünftige Konzerte und Platten wieder etwas intimer mit maximal punktueller Unterstützung bespielen werden – was den Erfolg des großen Big Band-Manövers aber nicht schmälert.

EP

Rezension: The Great Faults – Trust Me

Zwei Jahre nach ihrem Debüt Coming Back Soon legen The Great Faults nun mit Trust Me nach. An der Besetzung hat sich nichts geändert, nach wie vor werden die rauen Indiebluesrock-Songs vom Duo Martin Arlo Kroll und Johannes Woodrow Wagner geschrieben und gespielt. Die entsprechend reduzierte Instrumentierung mit Gitarre und Schlagzeug wurde jedoch punktuell um Orgel und Bass erweitert. Über dem wieder starken Zusammenspiel singt, klagt und schmettert Krolls variable Stimme.

Mit dem Gesang steht und fällt für viele Hörer eine Band. Manchmal ist mir Krolls anspruchsvoller Vortrag zu leidend, manchmal ein wenig zu gepresst; in den sanften oder härteren Momenten funktioniert das Gesamtpaket für mich am besten. Da ich in der Musikrichtung der Great Faults aber nicht zuhause bin, beanspruche ich in diesem Punkt keinen Funken Objektivität. Auch das Stilmittel der Verzerrung ist nicht für mich erfunden worden. Es wird zu meinem Glück aber nicht überstrapaziert.

Klar ist, dass das hier kein musikalisches Fastfood ist; die oft etwas sperrigen Songs wollen öfter gehört werden. Nicht falsch verstehen: Durch den dröhnenden Blues brechen immer wieder schöne Indiemelodien, die sich teils hartnäckig im Hirn festsetzen. Die Gitarre leistet hier ganze Arbeit, mit Licks und Riffs zum an-die-Wand-hängen und so. Freude bereitet auch Wagners einnehmendes Spiel an den Drums. Und sowieso immer von mir gemocht: das Überschreiten von Genregrenzen, großes Planschen im Rockpool sozusagen. Eintönigkeit ist jedenfalls keine Schwäche des Duos.

Anspieltipps? Hervorheben möchte ich SVO SO als schönste Kollision der melancholischen und der kraftvollen Seite der Band sowie I promise als ruhigste Nummer mit großer Dringlichkeit.

Das, was die zwei Musikanten da machen, machen sie gut, ziemlich gut: Trotz höherem Produktionsaufwand immer noch leicht roher, teils dreckiger und oft verletzlicher Indierock, meist im unteren Tempobereich, mit hohem Bluesanteil und ein paar Extras. Wer darauf steht, weiß nun Bescheid. Die anderen können auch mal ein Ohr riskieren. Vertraut mir.

Zuletzt das Wichtigste, abseits der Musik: Wer vor einem Yoda-Poster probt, kann kein schlechter Mensch sein! Möge die Macht … ihr wisst schon, ich weiß.

Trust Me erscheint am 5. Juni 2015 bei Supermusic (Alive).

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