Rezension: The Great Faults – Coming Back Soon

Eine Platte im Briefkasten zwecks Albumkritik ist ja erstmal ein Grund zur Freude – doch es schwingt die Sorge mit, ob man jetzt gegen die Hoffnungen der Musiker anschreiben muss, die in die Scheibe sicherlich Herzblut gesteckt haben. Daher langsam rantasten:

Ein Blick auf die Homepage verrät, dass The Great Faults die als Nebenprojekt begonnene aktuelle Band vom ehemaligen Chelsy-Sänger Martin Arlo Kroll sind. Die ehrwürdige VISIONS lobte wohl die „durchweg guten Songs“ von Chelsy und auch der Musikexpress hatte nette Worte übrig. Klingt toll, aber um die Verflossene geht’s ja gar nicht. Jedenfalls erfährt man, dass The Great Faults ein Duo sind, das neben Sänger und Gitarrist Martin noch aus Schlagzeuger Johannes Wagner besteht und auf dem Debut-Album Coming Back Soon bluesbetonten Indierock praktiziert, der aber nicht nach The White Stripes oder The Black Keys klinge, den Genrereferenzen. Oha, nur zwei Musikanten und: schade, The Black Keys sind doch ganz cool. Das unkonventionelle Schlagzeugspiel sorge dagegen für Eigenständigkeit. So weit, so ergebnislos. Als Freund der guten alten Dreierformation mit Bassgitarre gilt es nun, sich der Skepsis zu stellen und das Making-of-Konzept nicht überzustrapazieren.

Nach dem Intro stampft Parades mit mittelschwerem Schritt hypnotisch nach vorne, schrammt gerade so an der nur verdrogt zu ertragenden Endlosschleife vorbei und hinterlässt damit einen guten ersten Eindruck, der sich nach mehrmaligem Hören festigt. In der nächsten ca. halben Stunde folgen neun weitere Nummern, die mit souveränem Gesang, solider Gitarre und zum Glück nicht irritierend unkonventionellem Schlagzeug immer gerade genug Pop als Zugang zu luftig-bluesigem Indierock bieten. Der Spagat, viel Luft in den Songstrukturen zu lassen, ohne dass die Spannung flöten geht, gelingt meistens. Light gibt der Stille gefühlt den meisten Raum, heraus kommt ein Lieblingssong zum leicht melancholisch am Fenster stehen und auf die unverständliche Welt blicken – am besten zu zweit aneinandergelehnt.

Teils könnte das alles etwas wärmer, weicher, wie-auch-immer klingen oder alternativ eine Ecke cooler, eben wie die Black Keys vielleicht. Geschmackssache, für den nächsten ist die perfekte Mitte getroffen. Trotz Zweierbesetzung fehlt dem Sound nichts. Dienlich ist da auch die Länge der Songs, die trotz besagter Luftigkeit nicht ausufern und somit, Achtung Widerspruch, poppig kompakt bleiben.

Der übergroße Hit war vorerst nicht auszumachen, aber die White Stripes wurden als Blaupause ja auch ausgeschlossen. Wichtiger als das: Kein Ausfall, kein – nochmal Achtung, Riesenwortspiel – großer Fehler trübt die gemeinsame Zeit mit Coming Back Soon; stattdessen können nach und nach interessante Facetten zutage gefördert werden. Kurzgefasst: Ein lohnendes Album mit kleinen Indiebluesrockperlen zum Öfterhören. Für Genrefreunde vielleicht noch mehr. Lässt sich auch alles live abchecken, The Great Faults touren zur Zeit fleißig durch die Gegend.

Coming Back Soon erscheint am 28. Juni 2013 bei TGF/Supermusic.

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