Spielhallenträume

Neo Geo. Diese zwei kleinen Worte verursachen bei vielen Videospielern, die Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger aktiv waren, wohlige Schauer. Damals konnte man entweder am Automaten in der Spielhalle zocken (in Deutschland durch die häufige Kombination mit Glücksspielen für Jugendliche teils schwierig) oder an der Konsole zuhause. Die gängigen Heimkonsolen, vor allem das Sega Mega Drive und das SNES, konnten leistungstechnisch aber nicht mit den Arcadetiteln mithalten.

Bis auf das Neo Geo AES. Diese Konsole von SNK brachte die Action der Automaten 1:1 nach Hause. SNK veröffentlichte systemexklusive Titel, spielhallenbedingt meist actionlastig. Vor allem Beat ‚em ups wurden zum Markenzeichen, etwa die Art of Fighting-Reihe. Deren bildschirmfüllende Grafikpracht ließ die heimischen Sprites der Konkurrenz dünn dastehen. Ursprünglich war das System nur zum Verleih für Videotheken gedacht, kam dann aber doch freiverkäuflich auf den Markt. Dass es nicht annähernd die Verbreitung der beiden oben genannten 16 Bit-Konsolen erreichte, lag am hohen Preis von Hard- und Software. Da landete mal eben im vierstelligen DM-Bereich, wer sich die edle Maschine mit dem wuchtigen Joyboard zulegen wollte. Games waren nicht inklusive. Für spielfreudige Normalkids war das so unerreichbar wie ein funktionierendes Laserschwert. Das gelegentliche Zocken von King Of Fighters in einer Videothek entfachte in mir Besitzes-Träume, die unerfüllbar bleiben mussten.

Bis jetzt! Aus Sammlergründen ist das origniale Neo Geo auch heute noch unerschwinglich, die raren Module sind auf dem Gebrauchtmarkt sogar eher teurer geworden. Aber SNK Playmore hat für den 6. Dezember 2012 ein weiteres Kapitel der Neo Geo-Geschichte angekündigt. (Die restlichen wie Neo Geo CD bleiben hier außen vor.) Das Neo Geo X ist ein Handheld, auf dem 20 der alten Spiele vorinstalliert sind und das per SD-Karten mit weiteren Titeln vergangener Tage versorgt werden soll. In einem Bundle sind zusätzlich eine im Look des alten AES gehaltene Dockingstation enthalten, über die man die mobile Konsole per HDMI an den TV anschließen kann, sowie ein Controller, der sich am damaligen Design orientiert. Also wird man die Actionkracher nicht nur unterwegs auf einem 4’3-Display, sondern auch stilecht am heimischen Fernseher spielen können – der (kleine) Traum wird wahr!

Gut, der Traum ist auch in die Jahre gekommen. Die Evolution der Videospiele ist vorangeschritten und hat den Stand des Neo Geos weit hinter sich gelassen. Andererseits altert hübsche 2D-Grafik längst nicht so drastisch wie es in der seit der PS 1 dominant gewordenen dritten Dimension der Fall ist. Die betagten Titel müssten also auch für heutige Augen noch okay aussehen. Hoffe ich zumindest. Auch dass die Verarbeitung und andere Kleinigkeiten stimmen. Denn der angekündigte empfohlene Preis ist trotz des Leistungsumfangs (der damals etwa drei durchschnittliche Monatsgehälter schwer gewesen wäre) eigentlich nicht ganz so retro – im Fall vom Neo Geo aber dann eben doch. Kann einen halt teuer zu stehen kommen, wenn der Konsum die Träume macht. Die dunkle Seite des Pop? Ich will’s haben…