Lecker Hack

Am 29. September erschien das Super Nintendo Classic Mini. Und es hat tatsächlich geklappt: Ich habe mein mühsam reserviertes Exemplar erhalten. Das hübsche Ding war erwartungsgemäß unmittelbar ausverkauft, ja gar die Gesetze der Logik scheinbar aushebelnd schon weg, bevor es überhaupt da war. Internet und Vorbestellungen sei Dank.

Freude, auspacken, anschließen, loslegen und dabei „ach ja, ist ja alles wie früher“ brabbeln. So lief es vermutlich an jenem Tag in den Reihen der Retrophilen vielfach ab. 21 Spieleklassiker der legendären Neunzigerjahre-Konsole. Doch was wäre der Mensch, wenn er nicht vor allem eines wollte? Mehr! Kurz hier reingezockt, kurz das angedaddelt, jaja, ganz nett. Aber mehr wäre noch viel … mehr halt!

Zum Glück ist der Mensch auch erfinderisch. In diesem Fall heißt er Alexey Avdyukhin, nennt sich Cluster und ist ein russischer Hacker. Cluster schrieb ein Programm, mit dem man zusätzliche Spiele auf das NES Mini laden kann. Nur wenige Anpassungen waren wohl nötig, um diese Software auch für das SNES Mini Wunder wirken zu lassen. Ganz kurz gesagt: Wenn man Roms (von Modulen auf Computer übertragene Spiele) hat (legal ist nur, seine eigenen Module per spezieller Hardware zu digitalisieren, nicht legal ist es, sich SNES-Roms nach kurzer Google-Suche bequem aus dem Internet herunterzuladen), kann man diese mit der Software Hakchi2 auf das an den PC angeschlossene SNES Mini laden. Dazu sind ein paar Schritte nötig, die das Programm einem leicht verständlich mitteilt und die man nur anklicken muss. Komfortfunktionen sind inklusive, so dass z.B. auch passende Vorschaubilder mit drei Mausklicks gefunden und eingefügt werden können. Selbst ein Hack eher mit Pasta assoziierender analoger Nerd kann so in kurzer Zeit die 21 vorinstallierten Spiele verdreifachen. Endlich Turtles in Time wieder spielen! Die Super Star Wars Reihe! California Games 2! Okay … also möglich ist zumindest einiges.

Bewusst muss dem Hackenden dabei sein, dass die Garantie durch derartige Eingriffe erlischt. Risiken bestehen immer; man sollte sie durch die im Programm angebotene Sicherung des ursprünglichen Systems minimieren. Sonst steht man plötzlich mit defektem SNES Mini da – betend zu den Konsolengöttern von Nintendo, dass sie weitere Chargen dem dürstenden Markt kredenzen.

Ich zocke derweil eine Runde Turtles in Time … Cowabunga!

Spielhallenträume

Neo Geo. Diese zwei kleinen Worte verursachen bei vielen Videospielern, die Ende der Achtziger, Anfang der Neunziger aktiv waren, wohlige Schauer. Damals konnte man entweder am Automaten in der Spielhalle zocken (in Deutschland durch die häufige Kombination mit Glücksspielen für Jugendliche teils schwierig) oder an der Konsole zuhause. Die gängigen Heimkonsolen, vor allem das Sega Mega Drive und das SNES, konnten leistungstechnisch aber nicht mit den Arcadetiteln mithalten.

Bis auf das Neo Geo AES. Diese Konsole von SNK brachte die Action der Automaten 1:1 nach Hause. SNK veröffentlichte systemexklusive Titel, spielhallenbedingt meist actionlastig. Vor allem Beat ‚em ups wurden zum Markenzeichen, etwa die Art of Fighting-Reihe. Deren bildschirmfüllende Grafikpracht ließ die heimischen Sprites der Konkurrenz dünn dastehen. Ursprünglich war das System nur zum Verleih für Videotheken gedacht, kam dann aber doch freiverkäuflich auf den Markt. Dass es nicht annähernd die Verbreitung der beiden oben genannten 16 Bit-Konsolen erreichte, lag am hohen Preis von Hard- und Software. Da landete mal eben im vierstelligen DM-Bereich, wer sich die edle Maschine mit dem wuchtigen Joyboard zulegen wollte. Games waren nicht inklusive. Für spielfreudige Normalkids war das so unerreichbar wie ein funktionierendes Laserschwert. Das gelegentliche Zocken von King Of Fighters in einer Videothek entfachte in mir Besitzes-Träume, die unerfüllbar bleiben mussten.

Bis jetzt! Aus Sammlergründen ist das origniale Neo Geo auch heute noch unerschwinglich, die raren Module sind auf dem Gebrauchtmarkt sogar eher teurer geworden. Aber SNK Playmore hat für den 6. Dezember 2012 ein weiteres Kapitel der Neo Geo-Geschichte angekündigt. (Die restlichen wie Neo Geo CD bleiben hier außen vor.) Das Neo Geo X ist ein Handheld, auf dem 20 der alten Spiele vorinstalliert sind und das per SD-Karten mit weiteren Titeln vergangener Tage versorgt werden soll. In einem Bundle sind zusätzlich eine im Look des alten AES gehaltene Dockingstation enthalten, über die man die mobile Konsole per HDMI an den TV anschließen kann, sowie ein Controller, der sich am damaligen Design orientiert. Also wird man die Actionkracher nicht nur unterwegs auf einem 4’3-Display, sondern auch stilecht am heimischen Fernseher spielen können – der (kleine) Traum wird wahr!

Gut, der Traum ist auch in die Jahre gekommen. Die Evolution der Videospiele ist vorangeschritten und hat den Stand des Neo Geos weit hinter sich gelassen. Andererseits altert hübsche 2D-Grafik längst nicht so drastisch wie es in der seit der PS 1 dominant gewordenen dritten Dimension der Fall ist. Die betagten Titel müssten also auch für heutige Augen noch okay aussehen. Hoffe ich zumindest. Auch dass die Verarbeitung und andere Kleinigkeiten stimmen. Denn der angekündigte empfohlene Preis ist trotz des Leistungsumfangs (der damals etwa drei durchschnittliche Monatsgehälter schwer gewesen wäre) eigentlich nicht ganz so retro – im Fall vom Neo Geo aber dann eben doch. Kann einen halt teuer zu stehen kommen, wenn der Konsum die Träume macht. Die dunkle Seite des Pop? Ich will’s haben…