Rezension: The Great Faults – Freak In/Freak Out

Ganz treu bleiben sie sich nicht: Den 2-Jahresrhythmus bei der Veröffentlichung ihrer Alben haben The Great Faults diesmal knapp verfehlt. Das dritte Album Freak In/Freak Out erscheint offiziell am 19. Januar 2018. Dafür gibt es schon jetzt ein Video zur ersten Single Rewind.

Und die zeigt, wie der Rest des Albums, dass sich das Indiebluesrock-Duo Kroll/Wagner musikalisch durchaus treu bleibt: Trotz oder wegen der Reduktion der Mittel intensiver Rock zwischen Blues und Indie mit einer Prise Pop. Maximal im Mid-Tempo-Bereich, dabei viele Leerstellen im Sound, die vor allem Krolls eindringlichem Gesang Raum zur Wirkung geben.

Schlagzeuger Johannes Wagner gelingt es wieder, den Strukturen die nötige Abwechslung und Fülle zu geben, ohne sie damit zu überfrachten; sein Spiel liefert satten Rhythmus und feinen Spannungsaufbau im Dienste des Songs. Anspieltipp dazu: Now. Martin Krolls Stimme klingt etwas bestimmter als zuvor, weniger fragil, was der Gesamtwirkung zugute kommt. Sein spröder Gitarrensound erdet die Stücke, kontrastiert das Leiden im Gesang.

Hängen bleiben: How Do You Feel, das im Refrain – hallo Popappeal – unwiderstehlich zum Mitnicken einlädt, der Gitarrenlauf von How Long sowie I Promise, das die für The Great Faults charakteristische Spannbreite von fast oder ganz zum Stillstand kommenden Phasen bis beinah hypnotischen Ausbrüchen perfektioniert.

Textlich sind die großen Fehler nicht leicht einzuordnen. Wer zu wem spricht und welche Situationen verhandelt, bleibt meist der eigenen Vorstellungskraft überlassen: Freak out or freak in/There’s no in-between/Freak out or freak in/But what does it mean. Man muss nicht dahinter kommen – es reicht, den Weg dorthin einzuschlagen.

Am Rande: Wirklich schickes Artwork von Booklet und Digipack – bis auf das Cover, das den aufgeräumten ästhetischen Gesamteindruck mindert und gerne etwas weniger freaky sein dürfte. Poster- oder Shirtmaterial ist das nicht.

Auf einen Satz in Rifflänge komprimiert: Das bisher beste Album von The Great Faults. Um es wirklich zu hören, muss man genau das öfter tun. Nur zu.

… eine große Erschütterung der Macht

Als ob Millionen in manischer Freude aufschrien …

Stimmt, es gab hier schon viel zu lange keine Zeilen über Star Wars. Schnelle Abhilfe leistet dieser maximal-wuchtige Doppelschlag:

Auf was hofften all die Fanboys und -girls seit 2005, als Episode III, der vermeintlich letzte jemals produzierte Star Wars-Film, im Kino lief? Eine Realserie, zu der es immer mal wieder offizielle Verlautbarungen und Gerüchte gab. Ist geplant, wird dran gearbeitet, ist aktuell zu teuer etc. So ging das jahrein, jahraus. Bis 2012 – Peng, Disneydeal, neue Filme, wer denkt da noch an eine Realserie.

Doch letzte Woche kam die Nachricht, auf die mancher seit über zehn Jahren wartete: Die offizielle Ankündigung einer Star Wars Live Action Series. Erscheinen wird sie auf Disneys eigenem Streaming-Dienst, der 2019 an den Start geht. Mehr wurde noch nicht verraten. Und was ist die Ironie dieser kleinen Geschichte? Dass jene Meldung, die jahrelang als größtmögliches Ereignis im Sternenkriegskosmos galt, nun fast unterging.

Denn zeitgleich wurde mal eben so, locker aus der Hüfte auf einen Rodianer zielend, eine weitere Info rausgeblastert: Rian Johnson, Regisseur der im Dezember in die Kinos kommenden „Episode VIII – The Last Jedi“, wird eine eigene Trilogie verantworten. Drei neue Star Wars-Filme, losgelöst von der Skywalker-Saga mit unbekannten Figuren in bisher unerforschtem galaktischen Terrain. Im übertragenen Sinne. Oder wortwörtlich. Über den Inhalt weiß unsereins nämlich bis auf diesen vagen Hinweis nichts.

Rian Johnson wird schon jetzt von vielen Fans gefeiert, obwohl sein Beitrag zum Krieg der Sterne-Universum der Öffentlichkeit, abgesehen von Trailern, noch unbekannt ist. Als Colin Trevorrow vom Regieposten für Episode IX abgezogen wurde, hofften nicht wenige auf Rian Johnson als Nachfolger. Es wurde J.J. Abrams, der diesen Job auch schon bei Episode VII erledigte. Tja, vielleicht hatte das mit einer frisch geplanten Trilogie zu tun, die Rian Johnson erschaffen und bei deren ersten Teil er auch das Drehbuch schreiben und es als Regisseur zudem verfilmen soll.

Die Vorfreude auf Dezember wurde dadurch weiter angeheizt. Denn wenn Lucasfilm und Disney so von Rian Johnson überzeugt sind, dass sie ihm eine Trilogie in die Hand geben, muss die bisherige Zusammenarbeit ja ziemlich erfolgreich sein. Oder wurde all das zu diesem überraschenden Zeitpunkt, eben relativ kurz vor dem nächsten Kinofilm, nur bekanntgegeben, um Disneys schwächelnden Aktienkurs in die Höhe zu treiben? (Hat geklappt.) Vielleicht. Und: Egal. Es sind verdammt aufregende Zeiten für Star Wars-Fans.

Epictalk

Endlich – die siebte Staffel von The Walking Dead hat die Streamingdienste erreicht. Spannung bis in die entlegensten Nervenenden, unappetitliche Untote und … selbst Beißer bändigende Monologe. Diese so unvorstellbar harte Welt, in der die Menschen nach dem Beginn der Zombie-Epidemie überleben müssen, scheint sie nicht nur zu Nahkampfexperten, sondern auch zu reinrassigen Rhetorik-Recken gemacht zu haben.

Schweres Geschütz kommt zum Einsatz: Längst vergangene Ereignisse werden einnehmend vorgetragen und unvermittelt in einen neuen Kontext gesetzt, um einen augenöffnenden Kommentar zur aktuellen Situation zu liefern. Verbindungen zwischen Begebenheiten gezogen, die den Weg in die Zukunft weisen sollen. Absichten anhand von Gleichnissen vermittelt.

Mal ehrlich. Wer von uns kann schon aus dem Nichts derart bedeutungsschwangere Reden unfallfrei vortragen? Minutenlang? Kein Verhaspeln, kein Nachdenken. Kein „Ähm, weißte, was ich meine?“

Klar, diese Monologe, teils auch als Dialoge getarnt, stellen den Gegenpol zu der heftigen Gewalt dar. Sie sollen dem ganzen Gewicht geben. Taten mit Bedeutung aufladen und Emotionen intensivieren. The Walking Dead nutzt dieses Mittel sicher nicht exklusiv, hier ist es mir aber besonders aufgefallen. Denn sie übertreiben es schlicht ein wenig. Extreme Gewalt und Brutalität sollte nicht mit extrem tiefschürfenden Reden kontrastiert werden. Jedenfalls nicht zu oft. Denn während das eine krass, aber glaubwürdig ist, ist es das andere nicht. So spricht kaum jemand. Ja, es sind besondere Zeiten, durch die diese Figuren wandeln. Und außer ihren Gedanken haben sie nicht mehr viel.

Dennoch – Zombies als Rhetorikkatalysatoren? Stellt euch an dieser Stelle statt weiterer Worte einen skeptischen Gesichtsausdruck à la Daryl Dixon vor. Also einfach seinen normalen Gesichtsausdruck.

Hoffentlich überleben er, Rick und co. noch eine Weile, damit wir weiterhin bei ihren Reden mit den Augen rollen können. Zur Erholung von der zombieszerfetzenden Spannung …

Lecker Hack

Am 29. September erschien das Super Nintendo Classic Mini. Und es hat tatsächlich geklappt: Ich habe mein mühsam reserviertes Exemplar erhalten. Das hübsche Ding war erwartungsgemäß unmittelbar ausverkauft, ja gar die Gesetze der Logik scheinbar aushebelnd schon weg, bevor es überhaupt da war. Internet und Vorbestellungen sei Dank.

Freude, auspacken, anschließen, loslegen und dabei „ach ja, ist ja alles wie früher“ brabbeln. So lief es vermutlich an jenem Tag in den Reihen der Retrophilen vielfach ab. 21 Spieleklassiker der legendären Neunzigerjahre-Konsole. Doch was wäre der Mensch, wenn er nicht vor allem eines wollte? Mehr! Kurz hier reingezockt, kurz das angedaddelt, jaja, ganz nett. Aber mehr wäre noch viel … mehr halt!

Zum Glück ist der Mensch auch erfinderisch. In diesem Fall heißt er Alexey Avdyukhin, nennt sich Cluster und ist ein russischer Hacker. Cluster schrieb ein Programm, mit dem man zusätzliche Spiele auf das NES Mini laden kann. Nur wenige Anpassungen waren wohl nötig, um diese Software auch für das SNES Mini Wunder wirken zu lassen. Ganz kurz gesagt: Wenn man Roms (von Modulen auf Computer übertragene Spiele) hat (legal ist nur, seine eigenen Module per spezieller Hardware zu digitalisieren, nicht legal ist es, sich SNES-Roms nach kurzer Google-Suche bequem aus dem Internet herunterzuladen), kann man diese mit der Software Hakchi2 auf das an den PC angeschlossene SNES Mini laden. Dazu sind ein paar Schritte nötig, die das Programm einem leicht verständlich mitteilt und die man nur anklicken muss. Komfortfunktionen sind inklusive, so dass z.B. auch passende Vorschaubilder mit drei Mausklicks gefunden und eingefügt werden können. Selbst ein Hack eher mit Pasta assoziierender analoger Nerd kann so in kurzer Zeit die 21 vorinstallierten Spiele verdreifachen. Endlich Turtles in Time wieder spielen! Die Super Star Wars Reihe! California Games 2! Okay … also möglich ist zumindest einiges.

Bewusst muss dem Hackenden dabei sein, dass die Garantie durch derartige Eingriffe erlischt. Risiken bestehen immer; man sollte sie durch die im Programm angebotene Sicherung des ursprünglichen Systems minimieren. Sonst steht man plötzlich mit defektem SNES Mini da – betend zu den Konsolengöttern von Nintendo, dass sie weitere Chargen dem dürstenden Markt kredenzen.

Ich zocke derweil eine Runde Turtles in Time … Cowabunga!

Trailertraum

„This is not going to go the way you think.“

Einen schönen Leitspruch, den uns Luke Skywalker da im neuen Trailer zu The Last Jedi (Die letzten Jedi) bietet. Zu wem sagt er ihn? Rey? Das wird suggeriert, aber sicher kann man sich wohl über nicht allzu viele Zusammenhänge sein.

Kürzen wir das hier ab: Es ist ein großartiger Trailer, der am Dienstag auf die Welt losgelassen wurde. Bombastisch und pompös in Bild und Ton, wie das heutige Blockbusterbewerbungen nun mal sind. Das muss man nicht gut finden; vor noch nicht sehr langer Zeit, etwa der der Prequels, herrschte teils erhabene Ruhe in dem Bilderreigen. Sei’s drum, wenn man die Anbiederung an aktuelle Sehgewohnheiten akzeptiert, kann man sich zurücklehnen und genießen. Staunen. Eine der Urreaktionen auf Star Wars. Vor allem, wenn man ein Fan ist und aus dem Staunen Fragen entstehen. Will Kylo Ren wirklich auch seine Mutter Leia töten? Wohin entwickelt sich seine Beziehung zu Rey? Und wie verhält sich Luke Skywalker inmitten all dem? Die gute Nachricht: Er verhält sich irgendwie, was deutlich mehr ist, als ihm im Vorgänger The Force Awakens (Das Erwachen der Macht) zugestanden wurde.

Der Trailer zeigt scheinbar viel. Der durchinformierte Spoilersüchtling weiß indes, das ganz viel nicht gezeigt wurde: Neue Figuren, wie die von Benicio Del Toro, Kelly Marie Tran und Laura Dern gespielten Charektere. Die Welt Canto Bight, in deren Casinoglanz Finn (John Boyega) und Rose (Tran) Abenteuer auf starwarsigen Rennpferden erleben werden. Nicht zuletzt hält der Trailer, aber das ist normal, die tatsächliche Filmmusik zurück. John Williams‘ neue Stücke werden für manchen Liebhaber die wahren Stars der Sterne sein.

Agiert Mark Hamill oscarreif? Geht die Geschichte in die Tiefe, wie kaum eine Episode der Saga zuvor? Werden schockierende Wendungen selbst Reddit-Exegeten überraschen? Der Trailer verspricht all dies und hat damit seine Aufgabe mehr als erfüllt.

Nun muss nur noch der Film nachlegen.

Retrozock

Retro, retro, retro! Überall ist alles retro, und das gefühlt schon so lang, dass es bereits retro ist, retro zu sein. Noch und wieder, gleiche Lieder, die tote Hose der Innovation gleicht einem Wiedergängergewand schon. Oder so ähnlich.

Zwar schreitet die Technik voran, doch erfreuen wir uns eben auch regelmäßig an den Errungenschaften vergangener Tage. Neuaufgelegte Handys aus unsmarten Zeiten, Achtzigerjahre-Digitaluhren, Polaroid-Kameras und natürlich Videospiele. Alter Perlen werden seit eh und je per Emulator auf aktuellen Plattformen gezockt. Stilechter wird es, wenn die ganze Konsole wiederveröffentlicht wird. Das Neo Geo ist ein prominentes Beispiel. Doch die absolute Nummer 1 ab ca. Mitte der Achtziger und während nahezu der gesamten Neunziger war zweifellos Nintendo dank zwei legendärer Daddelkisten: erst das Famicom, dann das Super Famicom, bzw. hierzulande NES (Nintendo Entertainment System) und SNES/Super Nintendo.

Letztes Jahr brachte der ehemalige Marktführer das Nintendo Classic Mini NES in die Läden: ein miniaturisierter Nachbau des NES mit 30 vorinstallierten Spielen, dafür ohne die Möglichkeit, auf legalem Wege noch andere der alten Titel zu spielen. Der Controller soll annähernd identisch zum Original sein, dessen Kabel jedoch unsinnig verkürzt. Das größere Problem an dem Portal in die Kindheit: Nintendo rechnete angeblich nicht mit der immensen Nachfrage, so dass das gute Stück schneller vergriffen war, als Mario nach Pilzkonsum sein Bewusstsein erweitert (dank Körperwachstum natürlich). Mehr als ursprünglich geplant wollte das japanische Unternehmen dennoch nicht produzieren.

Die Folge: Horrende Preise bei eBay, Amazon etc., wo sich zahlreiche Wiederverkäufer ihr scheinbar schnelles Zuschlagen fürstlich entlohnen lassen wollen. Der ursprüngliche Preis lag bei etwa 80 €; im Internet wird nun teilweise mehr als das Sechsfache verlangt, auch wenn es den IQ eines Koopa braucht, um bei diesen Angeboten zuzuschlagen.

Doch wir schreiten unerbittlich weiter durch die Vergangenheit: Dieses Jahr legt Nintendo mit dem Nintendo Classic Mini SNES nach. 21 installierte Spiele, zwei Controller mit längerem Kabel im Gepäck, dafür 20 € teurer. Und wieder rastet das Publikum aus und bestellt in weniger als einer Stunde nach Vorverkaufsstart am 27. Juni die Bestände der großen Händler leer. Der eher langsam veranlagte Autor dieser Zeilen hat nach seinem Totalversagen beim Classic NES immerhin nur ungefähr eine Woche später von der Sache erfahren.

Auf der Onlineplattform eines großen Handelsunternehmens begann daraufhin nach ein wenig Internetrecherche die spektakuläre Jagd nach dem heiligen Retrogral. Dort, so besagten Gerüchten aus den Tiefen eines Forums, ließe sich der Schatz noch reservieren. Doch der Weg dorthin sollte steinig werden. Es galt mehrere Stufen zu erklimmen, z.B. Eingabe der Adresse, Registrierung, Wahl der Filiale, bei dem man sich sein Gerät abholen wolle. Dank wohl völliger Überlastung der Internetseiten stellten diese Stufen beinah unüberwindbare Hindernisse dar. Nach jedem Klick, der einen zum nächsten Schritt im Vorbestellvorgang leiten sollte, blieb die Zeit in Form einer schier endlos ladenden Seite stehen, nur um irgendwann doch in niederschmetternden Fehlermeldungen zu verenden. Also ein Schritt zurück und der erneute Versuch. Um es abzukürzen: Letztendlich hat dieses Abenteuer nur etwa zwei Stunden gedauert. Der Lohn war eine Bestätigung per E-Mail, dass ein Gerät für mich reserviert sei! So fühlen sich moderne Erfolgserlebnisse an. Gar nicht so retro.

PS: Nintendo verspricht, vom Classic SNES deutlich höhere Stückzahlen zu produzieren. Jeder, der wolle, solle am Verkaufsstart im September eines erwerben können. Die großen Händler werden wohl jenseites der bisher zugesagten Kapazitäten noch Nachschub erhalten. Dennoch, auch das Classic SNES wird nur in künstlich begrenztem Umfang hergestellt werden. Ich lehne mich erst zurück, wenn ich nach langer Zeit Super Mario auf einem kleinen Dinosaurier reitend nach Pilzkonsum über sich hinauswachsen sehe.

Veröffentlicht unter Gaming