Europas seligmachende Chance?

Entertainment, Show, Circus – auch dafür steht die Abkürzung ESC nicht, der Eurovision Song Contest jedoch durchaus. Am Samstag fand das Finale des 63. ESCs in Lissabon statt. Millionen Menschen weltweit werden das Spektakel verfolgt haben. Warum eigentlich?

Es gibt den oft genutzten Begriff Lagerfeuer TV, der auf den ESC sicher im besonderen Maß zutrifft. Gefühlt ganz Europa versammelt sich vor dem Fernseher; endlich ist es mal vereint. Das schaffen sonst nur Sportübertragungen. In Europas Fall also Fußball oder Olympia. Und wie beim Sport handelt es sich beim ESC um einen Wettkampf, bei der man der eigenen Nation die Daumen drückt und einen kleinen Einblick in das Seelenleben von anderen erhascht.

Im Gegensatz zu Fußball und co. fehlt beim Song Contest jedoch überwiegend der verbissene, schier heilige Ernst – jedenfalls beim Publikum. Stattdessen dominieren Spaß, Irrsinn und teilweise diebische Freude, wenn Künstler sich und ihren Auftritt doch sehr ernst nehmen, die Darbietung dagegen eher unfreiwillig komisch ist. Man könnte es auch Trash nennen, wobei diese Bezeichnung alleine noch nicht ausreicht.

Vielfalt ist eine Stärke, zu der sich der ESC hinentwickelt hat. Und damit einhergehend Unberechenbarkeit. Beides erzeugt Spannung und fasziniert. Unterschiedlichste Stile werden gespielt, musikalisch schlicht bis virtuos. Bekloppt bis bieder, Mainstream und Nische. Ein sicheres Rezept für den Gewinn scheint es nicht zu geben.

Schaut man sich vergangene Sieger wie Lordi, Lena, Conchita Wurst, den letztjährigen Gewinner Salvador Sobral und die aktuelle Erstplatzierte Netta an, fällt es schwer, Gemeinsamkeiten zu finden. Zumindest musikalisch. Man könnte viele von ihnen allerdings als in irgendeiner Form als sehr auffällig bezeichnen. Netta, Sobral und Lordi fielen z.B., jeweils sehr unterschiedlich, stilistisch aus dem Rahmen des üblichen ESC-Liedgutes. Netta, Lordi und Conchita Wurst stachen zudem optisch hervor.

Ein Herz für Außenseiter könnte man dem europäischen (und mittlerweile auch australischem) Publikum also unterstellen, doch ganz so einfach ist es natürlich nicht. Jury und Publikum entscheiden über die Punkte, und insbesondere das Publikum ist schwer einzuschätzen. Hier entsteht auch der Nährboden für Verschwörungstheorien über Nachbarn, die sich untereinander Punkte zuschieben und Abstrafungen für Politik bzw. die Vorstellung eines Spiegels der Beliebtheit von einzelnen Ländern. Was davon zutrifft ist nicht so wichtig, denn es fügt auf jeden Fall eine Ebene der Spannung hinzu und steht im Kontrast zu dem eingangs erwähnten Zusammengehörigkeitsgefühl des Lagerfeuerfernsehens. Mitglieder einer Nationen rücken zusammen angesichts der vermeintlich ablehnenden Haltung anderer Nationen.

Im besten Fall wird die Nationalität jedoch unwichtig, wenn die Sieger auf einer höheren, inhaltlichen Ebene das Publikum vereinen können. Dann werden Ideen von Freiheit, Gleichheit, Diversität oder einfach Liebe in Europa und der Welt geteilt. Ist der ESC nicht also eine tolle Veranstaltung? Wenn er bloß nicht über weite Strecken so langweilig wäre …

Rezension: Kissing Clouds – You

Kissing Clouds

Das Quartett Kissing Clouds aus Berlin legt mit „You“ sein zweites Album vor. Als Download ist es wohl schon seit Anfang November erhältlich, und in diese Zeit, den Herbst, passt die Musik, wenn man in Klischees denken möchte. Ein wenig schwermütig, teils spröde, teils süßlich und öfter beides zugleich. Es steckt ja schon im Bandnamen.

Indie-Folk-Blues-Rock, so in etwa und eigentlich aber ganz schwer einzuordnen, denn an bewährte Strukturen halten sich Kissing Clouds nur bedingt. Der kürzeste Song ist 4:44, der längste über acht Minuten lang. Eigenständig sind sie alle. Das kann dann schön sein („I don’t think“!), jedoch auch sehr oder zu fordernd (Titeltrack „You“). Jedem gefällt man damit sicher nicht. Aber vielleicht gar nicht so wenigen.

Die Gitarre ätzt hier ein bisschen im Hintergrund und trägt da manch schöne Melodei („I don’t think“!). Mal ist’s ruhig, mal geht’s rund. Trommeln hypnotisieren, Violinen fügen eine weitere Ebene hinzu, deren Wirkung von verstörend zu traumeinladend reichen kann („I don’t think“!). Zum Finale kommt in „Every Once“ dann alles sehr gelungen zusammen. Natürlich gäbe es noch viel mehr zu sagen. „Komplexe Arrangements“ behauptet die Promo, da hat sie recht, das kann man ja auch mal festhalten.

Bei Musik solcher Couleur droht die Melancholie schon mal in Weinerlichkeit umzuschlagen, was dem Gesang geschuldet und eher unsexy ist. Der Grad zwischen fragil und nerv ist halt schmal. Vor allem geschmacksabhängig. Doch auf „You“ passiert es nur selten, zudem gibt es diese überraschenden Momente, wo ein plötzlicher Schub an Energie damit kontrastiert. Und die weiblichen Gesangsparts sind schlicht schön („I don’t think“!).

„You“ will viel. Gut, dass es auch viel kann. Das Album wird am 23. Februar 2018 via recordJet veröffentlicht.

You

Make Rock Great Again

Für die gute Sache rührt man doch gerne die Web-Werbetrommel. So haben sich das die Marketingmenschen hinter dieser Tour vielleicht gedacht. Und ja, es ist clever. Denn angeblich will das Musikförderprogramm von Jägermeister, JägerMusic, die Rockmusik zurück in unsere Charts bringen.

Um das zu erreichen, so die Promo, touren die Bands Kaiser Franz Josef aus Österreich und The Wholls aus Großbritannien durch 16 deutsche Städte abseits der (Medien)Metropolen. Um jeden mitzunehmen (abgesehen von den reisefaulen Großstädtern halt). Die Revolution beginnt von unten.

Marketingmasche hin oder her, ist schon charmant. Make Rock great again – klingt verdammt gut. Und die beiden Bands können auch was, vielleicht ja sogar das. Zeit wäre es. Mitmachen bei der Revolution kann man hier:

08.02. Dresden | Rosis
10.02. Weißwasser | Telux
13.02. Unna | Lindenbrauerei
14.02. Halle/Saale | Kaffeeschuppen
15.02. Nürnberg | Der Cult
16.02. Bamberg | Live-Club Bamberg
17.02. Pfarrkirchen | Club Bogaloo
20.02. Regensburg | Eventhall
21.02. Trier | Exhaus
22.02. Mainz | Caveau
23.02. Hannover | Cafe Glocksee
24.02. Boberow | MoorScheune
26.02. Rostock | Alte Zuckerfabrik
27.02. Monheim | Sojus 7
02.03. Altenmarkt | LiBella
03.03. Obergünzburg | Club GoIn

Kaiser Franz Josef

The Wholls

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Rezension: DinoSound – Claudia

Anfang des Jahrtausends gab es die Samplerreihe „Berlin macht Schule“, deren dritte Ausgabe „Nu Rock & Nu Punk“ aus der Hauptstadt präsentierte, was immer das genau sein soll. Geboten wurde eine bunte Mischung moderner Rockmusik, meist härterer Gangart.

Berlins DinoSound hätten sich da gut eingereiht. Mit ihrem selbst produzierten Debutalbum Claudia decken sie das weite Rockfeld recht großflächig ab. Von Stoner- bis Stadionrock ist einiges dabei. Zur Not kann man’s einfach Alternative nennen. Druckvoll, rifflastig, mit gesunder Mittelhärte und teils zweistimmigem Gesang stampfen die acht Songs voran, machen aber regelmäßige Pausen und sind sich auch für leicht kitschangehauchte Hooks nicht zu schade. Kompositorisch sehr stabil auf jeden Fall.

Der absolute Ohrwurmcharakter, den die Promo verspricht, lässt sich nicht ausmachen, aber da bleibt schon was hängen. Nach mehrmaligen Hördurchgängen ganz sicher. Interessant sind die leider zu spärlich eingestreuten Passagen, in denen der Gitarre Raum zur Entfaltung gegeben wird. Da kommt z.B. bei „Made of“ glatt ein leichtes Slash-Feeling auf.

Florin Kerber variiert seinen Gesang nicht übermäßig, ist aber souverän, bei dem, was er macht. Die punktuelle Zweitstimmenunterstützung von Bassistin Janine Semmler setzt schöne Akzente. Überhaupt: Langeweile wollen DinoSound mit allen Mitteln verhindern. Gelegentliche Soundspielereien fügen sich organisch ein – dafür Lob an die Produktion im eigenen Tausendsassa Studio. Teilweise kommt der Mix vielleicht ein wenig zu breitwandig aus den Boxen, will zu viel, aber verstecken muss man sich damit vor niemandem. Das gilt erst recht für die Fähigkeiten an den Instrumenten, nebenbei.

Auf dem eingangs erwähnten Sampler konnte man u.a. die Beatsteaks „entdecken“. Werden DinoSound einen ähnlich erfolgreichen Weg einschlagen? Wahrscheinlich nicht, aber ihren Platz unter Berlins Besten sollten sie sich in naher Zukunft erspielen. Claudia wird das ein oder andere Herz brechen.

Claudia erblickt am 19. Januar 2018 das Licht der Öffentlichkeit.

Rezension: The Great Faults – Freak In/Freak Out

Ganz treu bleiben sie sich nicht: Den 2-Jahresrhythmus bei der Veröffentlichung ihrer Alben haben The Great Faults diesmal knapp verfehlt. Das dritte Album Freak In/Freak Out erscheint offiziell am 19. Januar 2018. Dafür gibt es schon jetzt ein Video zur ersten Single Rewind.

Und die zeigt, wie der Rest des Albums, dass sich das Indiebluesrock-Duo Kroll/Wagner musikalisch durchaus treu bleibt: Trotz oder wegen der Reduktion der Mittel intensiver Rock zwischen Blues und Indie mit einer Prise Pop. Maximal im Mid-Tempo-Bereich, dabei viele Leerstellen im Sound, die vor allem Krolls eindringlichem Gesang Raum zur Wirkung geben.

Schlagzeuger Johannes Wagner gelingt es wieder, den Strukturen die nötige Abwechslung und Fülle zu geben, ohne sie damit zu überfrachten; sein Spiel liefert satten Rhythmus und feinen Spannungsaufbau im Dienste des Songs. Anspieltipp dazu: Now. Martin Krolls Stimme klingt etwas bestimmter als zuvor, weniger fragil, was der Gesamtwirkung zugute kommt. Sein spröder Gitarrensound erdet die Stücke, kontrastiert das Leiden im Gesang.

Hängen bleiben: How Do You Feel, das im Refrain – hallo Popappeal – unwiderstehlich zum Mitnicken einlädt, der Gitarrenlauf von How Long sowie I Promise, das die für The Great Faults charakteristische Spannbreite von fast oder ganz zum Stillstand kommenden Phasen bis beinah hypnotischen Ausbrüchen perfektioniert.

Textlich sind die großen Fehler nicht leicht einzuordnen. Wer zu wem spricht und welche Situationen verhandelt, bleibt meist der eigenen Vorstellungskraft überlassen: Freak out or freak in/There’s no in-between/Freak out or freak in/But what does it mean. Man muss nicht dahinter kommen – es reicht, den Weg dorthin einzuschlagen.

Am Rande: Wirklich schickes Artwork von Booklet und Digipack – bis auf das Cover, das den aufgeräumten ästhetischen Gesamteindruck mindert und gerne etwas weniger freaky sein dürfte. Poster- oder Shirtmaterial ist das nicht.

Auf einen Satz in Rifflänge komprimiert: Das bisher beste Album von The Great Faults. Um es wirklich zu hören, muss man genau das öfter tun. Nur zu.

Endlich wieder wütend

Supergroup. Das hat etwas Magisches im Klang. Bands, die aus Mitgliedern mehrerer berühmter Bands bestehen. Wie ein Allstars-Team im Sport. Musikalisch ist das allerdings nicht immer herausragend; manchmal ist das Ergebnis weniger als die Summe seiner Teile.

Bei den Prophets Of Rage geht es aber um mehr als Musik. Die Crossover-Helden Tom Morello, Tim Commerford und Brad Wilk von Rage Against The Machine sowie die Hip Hop-Heroen Chuck D von Public Enemy und B-Real von Cypress Hill möchten angesichts der aktuellen Lage in den USA als politische Band wahrgenommen werden und positionieren sich deutlich gegen Donald Trump.

Bisher kann man diesen Schmelztiegel aus drei der in ihren jeweiligen Genres erfolgreichsten Bands der letzten Jahrzehnte nur live auf der Bühne erleben. Am vergangenen Dienstag, kurz nach der vollständigen medialen Enthüllung des Projekts, fand das erste Konzert statt. Die Eintrittspreise waren gering, die Auflagen hoch: Aufnahmen mit Handys etc. waren nicht gestattet. Bleibt zu hoffen, dass die neu zusammengefundenen Propheten der Wut diese produktiv kanalisiert und Musik geschrieben haben, die an die alten Klassiker heranreicht. Und den kommenden Konzerten ein starkes Album folgen lassen.

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Battery Recharged

Ein Last-Minute-Tipp für Freunde von Gitarrenmusik: Dieses Jahr feiert ein Meilenstein des Heavy Metals, Metallicas „Master Of Puppets“ sein dreißigjähriges Jubiläum. Das Musikblatt Metal Hammer nimmt dies zum Anlass, der aktuellen Februar-Ausgabe ein Tribute-Album in Form einer im Jewelcase verpackten CD beizulegen.

Auf dem Album befinden sich in chronologischer Reihenfolge alle Stücke des Originals, nachgespielt von Szenegrößen wie Mastodon oder Bullet For My Valentine. Entstanden sind keine exotischen Neuinterpretationen, sondern treffsichere Hommagen. Wer sich abermals von den Stärken dieses zeitlosen Meisterwerks überzeugen will oder über einen erstmaligen Kontakt nachdenkt, sollte zugreifen. Frisch, abwechslungsreich und dennoch wie aus einem Guss – keine Selbstverständlichkeit bei einer Heftbeilage.

Für 7,90 Euro bekommt man zudem eine zweite pappverhüllte CD mit einer kleinen Mischung aktueller Metal-Songs sowie ein Szeneblatt, das – wie viele andere seiner Artgenossen auch – unterstützenswert ist. Allerdings nur noch eine Woche lang am Kiosk!

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Bildmusik

Die Kombination aus Schauspiel und Musik hat viele magische Momente im Kino und Fernsehen erschaffen. TV-Serien sind oft für ihre Titelmusik bekannt: von Oldies wie Star Trek und Bonanza über 80er- und 90er-Hits wie NAM – Dienst in Vietnam, 21 Jump Street und Twin Peaks hin zu modernen Klassikern wie Game Of Thrones. Zu Beginn jeder Folge wird die musikalische Identität präsentiert und dadurch eine Stimmung etabliert.

Während dieses Maintheme meist extra für die Serie komponiert ist (anders z.B. das eben aufgezählte NAM, das Paint It Black von den Rolling Stones über die Kriegsbilder legt), wird vor allem in neueren Werken die Wirkung von besonderen und dabei dialogarmen Szenen gerne durch bereits existente Stücke potenziert – was natürlich oft nur im Kontext der bisherigen Handlung funktioniert. Im besten Fall profitieren beide Elemente davon und verschmelzen miteinander. Und hier wird es spannend. Eine persönliche Auswahl fünf gelungener Symbiosen aus Bildern und Musik in TV-Serien. Denn wir lieben sie alle, diese Magie:

Breaking Bad, Staffel 1, Folge 1
Szene: eine Fahrt durch die Wüste
Musik: Molotov – Apocalypshit
Auch darum toll: Furioser Einstieg in Walters neues Leben voller Chaos – Handlung und Soundtrack harmonieren perfekt.

Orange Is The New Black, Staffel 3, Folge 3
Szene: Nicky wird in den Hochsicherheitstrakt gebracht
Musik: Dum Dum Girls – Coming Down
Auch darum toll: Natasha Lyonne stellt mit minimalem Einsatz Nicky im Angesicht des Abgrunds dar, ihre vielleicht ansprechendste schauspielerische Leistung in einer Serie voll mit ansprechenden schauspielerischen Leistungen.

O.C., California, Staffel 2, Folge 24
Szene: Marissa schießt Trey nieder
Musik: Imogen Heap – Hide and Seek
Auch darum toll: Teeniedrama hin oder her – wo gab es einen perfekter getimten Musikeinsatz? Auch jenseits dieser berühmten Szene war der Score eine der Stärken der Serie.

Daredevil, Staffel 1, Folge 8
Szene: Fisks Morgenroutine
Musik: Yo-Yo Ma – Unaccompanied Cello Suite No. 1 in G Major, BWV 1007: Prélude
Auch darum toll: Die Kultiviertheit Fisks wird mit dem Ursprung seiner Monstrosität kontrastiert. Vincent D’Onofrios Interpretation des Kingpin lässt die meisten Film- und Serienschurken blass aussehen.

Twin Peaks, Staffel 2, Folge 2
Szene: Liebeslied zu dritt
Musik: Angelo Badalamenti – Just You
Auch darum toll: Wie absurd kann Kitsch performt werden? James Marshall, Sheryl Lee & Lara Flynn Boyle geben alles und beweisen: Twin Peaks sprengte manche Grenzen …

Rezension: The Slapstickers feat. The Swingcredibles – EP

Ihr zwanzigjähriges Jubiläum feierten die Slapstickers am 5. Juni 2015 im Kölner Gloria mit einem bühnenfüllenden Konzert. Selbst schon zu neunt, holten sie sich nach und nach viele Gastmusiker der vergangenen Dekaden auf die Bühne, die den breiten Sound der Ska-Band noch punktuell ergänzten. Doch dieses Mal sollte das Konzept der klanglichen Erweiterung stärker ausgereizt werden: Eine Reihe von Songs wurde mit den Swingcredibles, der Big Band der Universität zu Köln, dargeboten – dieser Herzensangelegenheit haben die Slapstickers auch eine EP gewidmet, die das Ergebnis der Kollaboration in Form von sechs neu arrangierten Bandklassikern konserviert.

Ein Hang zum Swing ließ sich in der Laufbahn der Skarocker schon erahnen, das Abenteuer Big Band ist also trotz Pionierleistung keine ganz große Überraschung. Die klangliche Identität der Slapstickers innerhalb des von ihnen großzügig vermessenen Skakosmos‘ pendelte bisher allerdings zwischen entfesselter Tanzantreiberei und musikalischem Feingeist. Auf der aktuellen EP geben sie letzterem den Vorzug. Von allen Seiten brodelt es, der Klang quillt schier über, alles ist neu und natürlich doch vertraut, da die Big Band dem bläserlastigen Slapz-Sound zwar einiges hinzufügt, ihn aber nicht völlig umkrempeln kann. Der deutlichste Effekt stellt sich folgerichtig beim letzten Song ein: Der Sänger der Swingcredibles übernimmt hier das Mikro von Christian Spiecker und trägt entscheidend dazu bei, mit Counting Memories einen sanft perlenden Schlusspunkt zu setzen.

Technisch einwandfrei und mit hörbarer Spielfreude ist die EP ein besonderes Kapitel in der Slapstickers-Historie, wenn nicht gar im Ska überhaupt. Aus dem reichhaltigen Repertoire an Songs und Instrumenten wurde ein pulsierendes Tondokument swingender Offbeatmusik ertüftelt, dem man genauer zuhören sollte, anstatt es als Sommersonnesonstwas-Hintergrundbeschallung verkommen zu lassen. Dafür ist das Ergebnis zu schade – und nicht direkt genug. Denn durch die neue Fülle und den geschmeidigen Jazz geht ein wenig der Punch verloren, den die Kölner Skatruppe so zielgenau austeilen kann und der Körper ekstatisch zucken lässt. Daher ist es insbesondere für den bewegungsfreudigen Teil der Fans wohl nicht bedauerlich, dass die Slapstickers zukünftige Konzerte und Platten wieder etwas intimer mit maximal punktueller Unterstützung bespielen werden – was den Erfolg des großen Big Band-Manövers aber nicht schmälert.

EP