Kritik: Star Wars – Die letzten Jedi

Seit einer guten Woche läuft Star Wars – Die letzten Jedi in den Kinos. Die Frage, die sich nun beim Tippen stellt: Ist das schon genug Zeit, um den Film erfasst zu haben und adäquat bewerten zu können? Auch nach zwei Sichtungen? Sicher, es gibt unzählige Kritiken bereits wenige Stunden nach den Pressevorführungen. Berufsschreiber haben keine andere Wahl. Oft braucht Kunst aber mehr Zeit, um wirken zu können. Damit soll nicht gesagt werden, dass dies eine bedeutendere Besprechung sei, definitiv nicht. Aber, dass die achte Episode des Sternenkrieges ein Brocken ist, den man vielleicht erst eine Weile sacken lassen muss, um sein Gewicht abschätzen zu können.

Sein Vorgänger Das Erwachen der Macht war leichter zugänglich. Ein flott inszenierter Ritt vom Start zum Ziel. Stolpersteine waren jedoch die Leerstellen und auf sie verweisende Andeutungen. Man blieb mit reichlich Fragen zurück. Manche stellte der Film selber explizit, andere drängten sich einfach auf, weitere waren wohl vor allem für tiefer in der Materie steckende Zuschauer relevant. Aus ihnen erwuchs eine Erwartungshaltung, mit der viele Fans in die Fortsetzung gingen.

Episode VIII-Drehbuchautor und -Regisseur Rian Johnson versteht es, mit diesen Erwartungen zu spielen. Er erfüllt sie, ignoriert sie, unterläuft sie – alles eine Frage des Standpunktes. Daraus resultieren wohl die kontroversen Reaktionen innerhalb des Fandoms. Während Berufskritiker den Film sehr positiv beurteilen, ist die Anhängerschar tief gespalten. Bester Teil des Franchises, Tod des Franchises – an diese Extreme nähern sich erstaunlich viele Meinungen an oder erreichen sie sogar.

Ist Die letzten Jedi denn so völlig anders? Eigentlich nicht. Er ist bildgewaltig, wie ein Star Wars-Kinofilm einfach sein muss. Bietet tolle Musik, wenn auch zu wenig Neues. Das schönste neue Stück „The Rebellion Is Reborn“ verströmt wunderbaren 80er Jahre-Jugendabenteuerfilmflair, ein unerwarteter Boost nostalgischer Magie. Wie in vergangenen Tagen gibt es auch Gut und Böse natürlich noch. Doch hier verlässt Johnson ein wenig die bekannten Pfade. Ob er den richtigen Weg eingeschlagen hat oder ihn weit genug gegangen ist – wieder eine Frage des Standpunktes. Vielleicht wäre noch mehr drin gewesen.

Analog zum Mittelteil der Originaltrilogie, Das Imperium schlägt zurück, werden die Figuren weiterentwickelt. Diese Aufgabe bewältigt Johnson überzeugend. Wichtigste Themen sind Identitätssuche, Hoffnung, Scheitern, die Beziehung von Meister und Schüler – und das Überwinden von Vergangenem, geradezu ein Kommentar auf Metaebene. Teils plakativ, teils subtil finden sich diese Motive bei allen Hauptfiguren wieder. An wenigen Stellen gibt es dabei einen Schuss zu viel Kitsch und Pathos.

Demgegenüber stehen zum Teil skurrile Szenen, die den Humor manches Zuschauers herausfordern. Nur so viel, da es ja höchst individuell bewertet wird: Der Humor funktioniert größtenteil sehr gut. Die Art, wie und wie oft er eingesetzt wird, trägt zur Kontroverse unter den Fans jedoch durchaus bei.

Eine einzige Einstellung, eine Zeile ist fragwürdig, ansonsten gibt es am Schauspiel nichts auszusetzen. Durchaus beachtlich, wenn man bedenkt, dass man es mit Space Fantasy zu tun hat, einer Gattung, die selten mit darstellerischen Glanzleistungen punktet. Star Wars war da immer schon eine Ausnahme, auch wenn die Filme natürlich nicht den Rahmen für oscarwürdige Darbietungen liefern. Die letzten Jedi ist vielleicht sogar Klassenbester der Saga, zumindest weit vorne. Insbesondere die Hauptdarsteller ringen ihren Rollen sehenswerte Nuancen ab.

Man kann dagegen einen General Hux zwar als Parodie wahrnehmen, schlecht gespielt ist er aber nicht, die Rolle nun mal so angelegt. Einerseits eine zum Genre passend altmodische Darstellung der Bösen als teils lächerliche Gestalten – andererseits ein leider allzu aktuelles Spiegelbild heutiger Realität mit Karikaturen-Kims und Deppen-Donalds. Gegensätze, auch so ein Thema des Filmes. Im erzählerischen Ton, in den Farben und vor allem den Figuren.

Auf sie hat Rian Johnson sich konzentriert, womöglich zu sehr, beziehungsweise besser gesagt zu sehr auf Kosten des Drumherums, das zugegebenermaßen die Fans mehr interessiert als den Gelegenheitszuschauer. Die eigentliche Geschichte des Filmes spielt sich in einem recht engen Rahmen ab. Der Widerstand flieht vor der ersten Ordnung. Rey trifft auf Luke Skywalker, Kylo Ren und Snoke. Gerade dem erstgenannten Handlungsstrang kann man (zu) viele Logikbrüche vorwerfen.

Daher ein ernstgemeinter Tipp, wie man ihn auf einer angenerdeten kleinen Seite wie dieser jederzeit erwarten muss: Star Wars ist Fantasy, Space Fantasy. Das bedeutet, es bildet nicht unsere reale Welt ab. Die Dinge laufen nicht so wie bei uns. Den Weltraum etwa muss man sich bei Star Wars eher wie ein Weltmeer vorstellen. Nicht genauso, aber tendenziell. Schon Episode V zeigte ja eine riesige Schnecke, die in einem Asteroiden lebte. In unserem Universum eher nicht vorstellbar. Vom Klang im All ganz zu schweigen, auch wenn der nochmal ein eigenes Thema ist (nur für den Zuschauer hörbar?). Verinnerlicht man dies, kann man vielleicht akzeptieren, dass Schiffe langsamer werden, wenn ihnen der Treibstoff ausgeht, obwohl sie in unserer Welt mit unveränderter Geschwindigkeit weiterreisen würden.

Die eigentliche Wahrheit ist natürlich, dass der ursprünglichen Zielgruppe der Reihe, ca. zehnjährigen Kindern, solche Fragen kaum wichtig sind. Auch wenn der Krieg der Sterne seit seinen Anfangstagen erwachsener geworden ist, steht er noch in dieser Tradition.

Wendungen, Überraschungen, Neues. Vor allem aber Spektakel, Witz und Charaktermomente. Langweilig ist Die letzten Jedi trotz stolzer Spielzeit nie. Immerhin ein Wert für sich, allerdings keiner, der auf lange Sicht zu den bedeutenderen gehört. Wie diese langfristige Rezeption aussehen wird, kann sich auch nach etwas über einer Woche noch nicht abschätzen lassen. In dieser Hinsicht bleibt der Film jenseits gelöster oder ungelöster Mysterien spannend. Und wichtig – für das Franchise.

 

Update 7. Januar 2018:

Nach einer weiteren Sichtung muss die Besprechung an einer Stelle wohl korrigiert werden: Wenn im Film die Rede davon ist, dass den Schiffen der Treibstoff ausgeht und die erste Ordnung sie daher vernichten kann, lässt sich dies scheinbar rein auf die Energieversorgung der Schutzschilde beziehen, die ohne den Treibstoff nicht mehr gewährleistet ist. Auch ohne diesbezügliche definitive Sicherheit lautet das Urteil bei Film vs. Kritik sehr gerne 1:0.