Hobby, das klingt schon so spießig. Das ist was für kleine Jungs oder schrumpelige Herren, die sich im Schutz des stillen Kämmerleins eine Lokführermütze aufsetzen. Es klingt auch weichlich. Wer Hobbys pflegt, hat zu viel Freizeit beziehungsweise keinen echten Lebensinhalt, wie das Spiel mit dem anderen Geschlecht, Sport, Reisen, Kunst oder Alkohol. Im Lebenslauf haben Hobbys keinen Platz, außer man benennt als solche eben Sport, Reisen oder vielleicht Kunst (Lesen). Alkohol spielt erst bei der Betriebsfeier wieder eine gewichtige Rolle und daraus resultierend dann das Spiel mit dem anderen Geschlecht.
Aber hier drehen wir den Spieß: Hobbys sind das Salz in der Suppe des Lebens! An ihrem Anfang steht die Wahl – ein kreativer, selbstbestimmter Akt frei von (zumindest äußeren) Zwängen, da mit dem Hobby in der Regel kein Geld verdient wird. Darauf folgt Leidenschaft, mit der die Sache im besten Fall betrieben wird. Und schon kann eine sinn- und identitätsstiftende Beschäftigung entstehen, die manchmal in der Lage ist, eine womöglich spannungsarme Existenz zu erfüllen. Aber auch wenn das Leben schon genug bietet, etwa durch eine wirklich passende Arbeit (Hobby als Beruf?), kann das Hobby Akzente setzen, für Entspannung und Anregung zugleich sorgen. Klingt grad sehr akademisch und spießig…
Zweites „aber“, denn Hobbys können genau das sein und ganz viel mehr. Ob Briefmarkensammeln oder Plattenauflegen, das Hobby ist die große Leerstelle, die jeder nach seinen Bedürfnissen füllen kann. Es zeugt von Interessen und Talenten – was ist cooler, seine Zeit auf der Couch wegzappen oder ein Fahrrad selbst bauen? Nichts gegen Fernsehen im Übrigen, es muss nur oft als schnelleinfacher Lückenfüller herhalten und gibt dann entsprechend wenig zurück.
Das Hobby ist gerne ein Hybrid: Es verbindet die Leichtigkeit und Freiheit des Spiels, bei der wir uns vergessen und im fröhlichen Moment aufgehen, mit der Ernsthaftigkeit einer gewinnorientierten Tätigkeit. Man kann sich im Hobby langfristige Ziele setzen und beharrlich auf diese zuarbeiten. Die Freude kommt dann womöglich erst hinterher, wenn etwa der Pullover endlich fertig genäht ist. Mit dieser Freude vor Augen verflog die Zeit der erforderlichen Arbeit dennoch wie im Flug. Im Idealfall bietet natürlich schon der Job diesen Zustand. Das Hobby erlaubt aber dagegen, auch auf etwas zuzuarbeiten, mit dem sich keinesfalls Geld verdienen lässt – und ist daher eine herausragende kulturelle Errungenschaft.
Leute, die sich ein Hobby andichten wollen, weil es eben interessant macht, oder müssen, weil das Poesiealbum danach fragt, nennen gerne mal „Freunde treffen“, „Kino“ und „Lesen“. Das sind in der Regel nicht die, die sich intensiv mit der Kunstform des Spielfilms oder der Welt der Literatur beschäftigen. Es sind eher die, die ab und zu mal ein Buch lesen, alle zwei Monate ins Kino gehen und ansonsten ihre freie Zeit wegzappen. Okay, Freunde treffen sie auch, das ist schon besser. Das soll auch gar nicht groß provozieren, sondern zurechtrücken: Ein Hobby ist nicht etwas so Elementares wie die Pflege von Beziehungen oder auch Sport. Sport ist Sport, man kann das Hobby nennen, trifft damit aber nicht den Kern. Bewegen sollte sich jeder in irgendeiner Form; Sport stellt eine kultivierte Form davon dar. Insofern passt der Hobby-Salz-Vergleich nicht, da Salz lebensnotwendig ist, das Hobby aber frei. Es erfordert allerdings regelmäßigen Einsatz – gelegentliche Kinobesuche ergeben noch kein Hobby.
Und was ist jetzt wirklich ein Hobby? Ein bisschen Klartext zum Schluss, thematisch auf diese Seite abgestimmt: Comics sammeln, Videospiele zocken, T-Shirt-Designs erbasteln, Wissen über weit, weit entfernte Galaxien anhäufen, Zeichnen, Modelle bauen, Fotografieren, Trashfilme analysieren, Bloggen. Und zigmillionen andere Dinge, die Sorgen vertreiben, oft irgendwie produktiv sind und vor allem Spaß machen. Get a life?! Get a hobby.