Rezension: Friedemann – Mehr Sein als Schein – Friedemann Live II

Friedemann ist kein traurig-klagender Vertreter der Singer/Songwriter-Gemeinde. Er möchte, dass die Menschen ihr Leben meistern, einander guttun. Auf seinem zweiten Livealbum regt er die Zuhörer wieder dazu an, unsere Gesellschaft selbst, besser zu gestalten. Ohne Angst, Rassismus und falsche Vorbilder. Aus diesem Drang, aus der Liebe zum Leben, entspringt seine Energie, die er als Sänger der Punkband Cor sehr direkt auslebt. Auf Solopfaden bewegt er sich dagegen leiser und langsamer, aber nicht harmloser.

Mit seiner nordisch-spröden Stimme erzählt und singt sich Friedemann ins Publikumsherz. Ehrlich, direkt. Die Songs grooven stilsicher um dieses stimmliche Zentrum, mit Raum zum Atmen, wie ihr Schöpfer sie auf seiner Insel hat und braucht. Das ist nichts zum Berieseln und nichts zum wortwörtlichen Abfeiern. Sondern zum Kopf einschalten, so will es Friedemann, dessen Kopf immer an ist, wie er berichtet. Ob dieses Hörerlebnis gefällt, bleibt natürlich jedem selbst überlassen, die Intention sollte aber respektiert und beachtet werden.

Der Rügener leitet seine Songs mit Gedanken dazu ein, vorgetragene Liner Notes sozusagen, die zum Nachdenken oder auch Lachen anregen. Spricht von Gleichnissen, Politik, dem Leben mit kleinen Kindern und der Natur, von Liebe, Idolen und Einsamkeit. Das sowie die Reaktion des Publikums darauf erzeugt eine intime Live-Atmosphäre und zieht den Hörer tiefer in Friedemanns Welt.

Die glasklare, voluminöse Aufnahme, frisch wie eine Meeresbrise, steht dem Livealbum verdammt gut; schön ausgewogen ist der Klang und macht der Spielfreude der Musikanten alle Ehre. Es ist fast die gesamte Band Cor, die Friedemann 2018 begleitete und seine Akustikstücke versiert mit reichlich Leben füllte. Das vorletzte Konzert dieser Tour am 23. November im Berliner Lido ist auf der vorliegenden Platte verewigt worden.

Mehr Sein als Schein – Friedemann Live II erscheint am 4. Oktober 2019 via Exile On Mainstream Records.

Foto: © Sophia Vogel