Jetzt geht’s mal um nichts Buntes und mehr oder weniger Belangloses, sondern um Leben, Tod und den jeweiligen Respekt davor. Es gibt im Internet diese Darwin Awards, eine Sammlung von spektakulären und dabei irgendwie „witzigen“ selbst verschuldeten Todesfällen. Der Bezug zu Charles Darwin wird hergestellt, da sich die Opfer auf unfassbar dumme Weise selbst aus dem Leben und damit dem menschlichen Genpool befördert hätten – den Darwin Award-Erfindern zufolge eine natürliche Selektion. Evolutionslehre ist aber nur das zynisch augenzwinkernde Etikett; es geht um Unterhaltung. Um die Freude an der Art, mit der Menschen unfreiwillig gestorben sind.
Ich kann gar nicht sagen, wie scheiße ich das finde. Mir ist in dem Zusammenhang egal, wie unglaublich dumm sich manche Leute verhalten. Ob es Kriminelle sind oder was auch immer. Ob sie über alle Maßen bescheuert risikofreudig sind. Am Ende geht es um Menschenleben. Mit all dem, was so ein Leben meistens ausmacht, mit allen Gefühlen, Angehörigen und so weiter und so fort. Ein ganzes Universum, das für immer ausgelöscht ist. Egal, was sie auch getan haben, ihr Leben wollten diese Menschen dabei nicht verlieren. Will jemand ernsthaft aus der Distanz urteilen, ob sie den Tod vielleicht sogar, warum auch immer, verdient haben?
Es liegt außerhalb meines emotionalen Horizonts, wie man sich daran erfreuen kann. Soll heißen, ich kann es mit meinen Mitteln nicht nachvollziehen. Aber viele Leute scheinen daran Spaß zu haben, also muss ich irgendwie damit leben. Scheiße kann ich es natürlich trotzdem finden, richtig scheiße.
Wieso ich gerade jetzt mit dem Thema ankomme? Ich habe vor ein paar Tagen in einem dieser öffentlichen Bücherschränke ein deutsches Buch gesehen, das die Darwin Awards im Titel trug und eine Ansammlung solcher Fälle im Inneren. Mehrere Bände der Reihe sind mittlerweile aus dem Amerikanischen ins Deutsche übersetzt worden. Mit dem Tod ließ sich halt schon immer gut Geld verdienen. Der Unterschied zwischem fiktivem und realem ist meine persönliche Grenze. Musste ich mal loswerden.