Basara

Basara, das ist kein Ausruf von Sheldon Cooper, sondern ein japanischer Kunststil beziehungsweise ein (wahrscheinlich noch nicht voll etablierter) Oberbegriff für diverse Formen. Er soll Szenen und Strömungen umfassen, die vom gesellschaftlichen Rand aus, an den sie gedrängt sind, das moderne Japan spürbar prägen. Dazu werden z.B. Streetart, Tattoos oder die grell ornamentalen Verzierungen von Trucks gezählt.

Alt und neu vereinen sich dabei häufig: Holzschnitte der Edo-Periode dienen als Vorlagen für Tattoos, deren Designs auf Basara-Bildern von Robotern, die an Samurai erinnern, wiederkehren. Bunt und schrill und kitschig kennzeichnet die Form vieler Werke. Japans sehr eigene Popkultur ist reich an Motiven und vor allem in Form von Mangas allgegenwärtig. Neben diesen werden die modernen Inhalte von Sci-Fi-Filmen, Graffitis und anderen Kunstformen ebenso wie historisches Material im Basara aufgegriffen und widergespiegelt. Zu den einzelnen Stilrichtungen gibt es also auch auf diese verweisende Meta-Werke. So ungefähr habe ich es zumindest verstanden, alles ohne Gewähr.

Bezüglich der Form ist die visuelle Komponente vorrangig; inhaltlich wird in den Begriff Basara Rebellen- und Außenseitertum interpretiert. Abgegrenzt von der etablierten Hochkultur, potentiell aber auf dem Weg dorthin. Klar, Tattoos etwa sind oder waren in Japan auch, nicht nur, mit der Yakuza eng verknüpft. Sie können trotz technischer Brillanz ihrer ursprünglichen Funktion entsprechend den Träger zu sozialen Randfiguren machen. Mangas umfassen zum Teil Fließbandware, unumgänglich bei den Massen, die konsumiert werden. Also möglicherweise eine Wertung aus qualitativer Sicht. Graffitis existieren häufig am Rande der Legalität. Und besonders schrille Objekte grenzen sich eben dadurch ab.

Ob der vermeintliche Außenseiter-Status essentiell für die Wirkung dieser Werke ist oder ein zu überwindendes Übel, sei offen gelassen. Spannend ist, das will Basara wohl illustrieren, welche Kraft sie entfalten auf ihrem steinigen Weg von der Straße zur möglichen Etablierung als (von wem auch immer genau) anerkannte Kunst. Und in dieser Hinsicht wäre das Konzept auch auf die Popkultur über Japans Grenzen hinaus übertragbar. Videospiele, Comics und all die anderen bunten Sachen prägen unsere Gesellschaft (nicht nur) ästhetisch, obwohl sie selbst oft an ihren Rand gewertet werden. Und manche würden sich sicher auch wünschen, dass ihr Einfluss zurückginge.

An diesem Punkt könnte man die Frage stellen, wie künstlerisch wertvoll die (Massen)Ware Pop ist. Ihre unüberschaubare Vielfalt macht eine allgemeingültige Antwort umöglich und verlangt somit eine sehr differenzierte Analyse. Zudem kann man in einen Argumentationskreis geraten: Prägt Populärkultur, weil sie wichtig ist? Oder ist sie wichtig, da prägend? Beides? Ob wichtig gleich wertvoll, wäre die nächste Frage. Bis eine Antwort gefunden wird, wäre es vielleicht eine gute Idee, sich den zahlreichen Wegen, die Kreativität einschlägt, zumindest so weit zu öffnen, dass man ihnen vorurteilsfrei gegenübersteht.