Warum dieses Album?
Am Artwork lag’s eigentlich ja nicht. Das gefällt mir ausgesprochen wenig mit seinen grünen, blauen und lilanen Klecksen. Allerdings ist diese Farbgebung im Rockbereich nicht so alltäglich. Vielleicht ist der Inhalt ja überraschend anders? Von wegen, scheint der kleine Sticker zu sagen, der wie ein Gütesiegel vorne auf dem Booklet klebt: Da prangt einem doch tatsächlich ein „Nu Metal“ entgegen. Und das im Jahr 2011, in dem dieses Album erschien. Vielleicht damit die drei Nasen, die dem Endneunzigerhype noch glühend anhängen, schneller fündig werden, wenn sie verzweifelt nach Nachschub suchen.
Richtig stimmig wird der schicke gelb-schwarze Sticker durch die zwar klein gedruckte und nur halb zum ersten Statement passende, aber dennoch alles überstrahlende Aussage: „Brilliant rock voice meets heavy shouts“. Das erinnert irgendwie ein bisschen an TV-Shopping, wenn einem olle Centartikel von Rudis Resterampe als glücklichmachende Weltprodukte angeschrien werden.
Kurzum, ich nahm einfach allen Mut zusammen und erlöste dieses ja auch ein wenig Mitleid erzeugende Ding von seinem Dasein im 2nd Hand-Sonderangeboteregal.
Was kann Related To The Heart?
Nach einem langweiligen Intro – kein großer Vorwurf hier, Intros sind meistens langweilig – geht es dann langsam los mit der Nu Metal-Kombi aus tiefen Gitarren, über denen die erwähnten Heavy Shouts und kurz darauf auch die Brilliant Rockvoice, also cleaner Gesang, ihr Tänzchen vollführen. Und siehe da, brilliant ist zwar zu hoch gegriffen, aber der klare Gesang ist sehr solide. Die Growls sind zwar okay, lassen die versprochene Heaviness aber ein wenig vermissen. Etwas schwach auf der Brust. Vielleicht auch ein Versäumnis in der Produktion, die für meine Laienohren allgemein schon ordentlich klingt – bis auf die fehlende Extraportion Druck, die dem Nu Metal seine traditionell dicken Hosen anzieht.
Apropos Nu Metal, mit dem verbinde ich ja eigentlich auch deutliche Hip Hop-Einflüsse, vor allem Rap und Gescratche. Beides lässt sich auf Related To The Heart nicht finden, weswegen das Ganze vielleicht eher zum Metalcore/Emocore tendiert. Aber Grenzen verschwimmen bekanntlich und letztlich soll die Genrebezeichnung auch nicht die große Rolle spielen. Nur könnte der Sticker womöglich etwas fehlleiten. Gewagte Strategie, wenn man die Popularität des Metalcores mit der des Nu Metals in den letzten Jahren vergleicht…
Kompositorisch wechseln die deutschen Cardiac Casper den ein oder anderen stimmungsvolleren Song mit gut gepflegter Langeweile ab. Schlecht ist hier nichts, im Hintergrund läuft es sogar ganz gut, weil unaufdringlich poppig. Aber auch nach mehrmaligem Hören will sich kein Stück festsetzen. Schmacht, Schrei, Schmacht, so halt. Tritt nicht Arsch genug, um wirklich Emotionen auszulösen, die ein oder andere Melodie gefällt aber. Etwas interessanter sind die gelegentlichen Electroelemente, die dem Material dann doch einen Hauch Eigenständigkeit verleihen. Geheimtipp dazu ist der reine Electrotrack Radio! Radio!, der gerne umfangreicher hätte ausfallen können.
Das hat’s gekostet:
Mittelschwere 3,99 Euro.
Und das wär’s mir wert:
3,99 Euro sind noch okay, 2,99 Euro wären mir im Nachhinein lieber gewesen. (Immer dran denken: Hier geht es ausschließlich um „blind“ gekaufte Gebrauchtware!)